Von einem Burn-out haben sicherlich die meisten von euch schon häufig gehört – leider gibt es Burn-out gerade unter Erzieherinnen und Erziehern immer häufiger. Bei Verdacht auf Burn-out ist es wichtig, dass du dir Hilfe holst und mit deinen Sorgen nicht allein bleibst. Manchmal ist aber gar nicht die Überlastung die Ursache für das Stressempfinden – und darum geht ist in diesem Beitrag.
Es gibt Forscher und Therapeuten, die die Begriffe Burn-out, Wear-out und Bore-out unterscheiden. Auch wenn es hier wissenschaftlich keinen Konsens gibt, so nutze ich diese Begrifflichkeiten gern in der Zusammenarbeit mit Klienten und Klientinnen, weil sie unabhängig von der medizinischen Diagnostik noch einen anderen Aspekt einbringen.
Burn-out
Auf ihren Beruf angesprochen, äußern Burn-out-Betroffene (also Menschen, die einmal gebrannt haben und nun „ausgebrannt“ sind) häufig: „Ich will, aber ich kann nicht mehr!“ Diese Form der Erschöpfung ist sicherlich derzeit die bekannteste.
Wear-Out
Menschen mit einem sogenannten „Wear-out“, vielleicht am besten mit „Abnutzung“ übersetzt, sind Menschen, die in einen Beruf „hineingerutscht“ sind, aber nie dafür gebrannt haben. Manchmal sind sie durch Fremdmotivation zu dem Beruf gekommen. Dies könnten z. B. die Eltern gewesen sein, die gesagt haben: „Werde Arzt, dann bist du wer!“ Manchmal ist ihnen schlicht kein besserer Beruf eingefallen, sie kannten ihre Stärken und Fähigkeiten nicht genug oder sie sind in anderer Weise in den jetzigen Beruf „geraten“, z. B. weil sich ein Aushilfsjob während der Schule als Aufstiegschance herausgestellt hat. Bei diesen Menschen stimmt also die Passung zwischen Persönlichkeit und Berufsanforderungen nicht. Sie fühlen sich schnell überfordert oder erschöpft, weil ihr Beruf nicht zu ihrer Berufung, zu ihren Stärken und wahren Interessen passt. Sie haben (in diesem Beruf) nie gebrannt und zeigen dennoch ganz ähnliche Symptome wie die Burn-out- Betroffenen in höheren Stadien. Diese Menschen sagen, auf ihren Beruf angesprochen, so etwas wie: „Ich könnte zwar, aber ich will nicht.“
Bore-out
Und dann gibt es noch Menschen, die von einem sog. „Bore-out“ betroffen sind. Sie bleiben bei ihrer Arbeit ständig unter ihren Fähigkeiten und sind chronisch unterfordert. Sie könnten sehr viel mehr leisten, aber es wird nicht verlangt und es gibt auch wenig Spielraum, sich Herausforderungen zu schaffen. Wenn ich beispielsweise als Bürokraft in einem Büro für fünf Stunden am Tag angestellt bin, aber nach zwei Stunden alle meine Arbeiten bereits erledigt habe, die Blumen gegossen, den Schreibtisch aufgeräumt und den leeren Briefkasten erneut kontrolliert habe, dann kann auch dieser Zustand der „Langeweile“ auf Dauer sehr erschöpfend wirken. Diesen Personen fehlt also sozusagen das Holz, welches sie entflammen könnten. Chronische Unterforderung kann dabei ebenfalls massive Stressreaktionen auslösen und entsprechende Symptome mit sich bringen, die dann denen der chronisch gestressten Burn-out-Betroffenen ähneln. Diese Menschen sagen oft: „Ich würde ja, wenn ich nur dürfte.“
Exkurs
Dieser Exkurs ist mir wichtig, da ich es in meiner Praxis zunehmend erlebe, dass Erzieherinnen und Erzieher aufgrund des herrschenden Fachkräftemangels eingestellt werden, die eigentlich nicht „im richtigen Beruf“ angekommen sind, also irgendwann vom „Wear-out“ betroffen sein werden. Dies führt nicht nur zu Problemen für die Betroffenen, sondern wirkt sich auf das gesamte Team aus, wenn einzelne Fachkräfte von ihrer Persönlichkeit, ihren Interessen und ihren Stärken her eigentlich nicht für den Beruf geeignet sind und sich entsprechend verhalten. Sie werden schnell zur Belastung für die anderen Erzieherinnen und Erzieher oder können mit ihrer unmotivierten Grundstimmung für Konflikte oder eine „kollektive Negativstimmung“ sorgen. So bremsen sie die normal engagierten eher aus, sind kritisch, eher missmutig und wenig zu begeistern. Das sind gerade in der Arbeit mit Kindern nicht die besten Voraussetzungen für ein erfülltes Arbeitsleben.
Und obwohl ich meine Kinder zu einer Tagesmutter gegeben habe und ihre Arbeit immer wieder aufs Neue schätze, so muss ich in meinem beruflichen Kontext feststellen, dass gerade die Qualität und Qualifikation von Tagespflegepersonen sehr unterschiedlich ist. Hier erlebe ich in meiner praktischen Arbeit noch erheblich mehr Personen, die „als Notlösung“ zur Tagespflege gekommen sind. Sie waren ggf. in anderen Settings nicht entsprechend erfolgreich, hatten Probleme, im Team zu arbeiten, oder dachten, dass sie die Betreuung ihrer eigenen Kinder gut mit der bezahlten Betreuung anderer Kinder vereinbaren können. Gerade hier ist zu vermuten, dass der Anteil derer, die möglicherweise von einem „Wear-out“ betroffen sind, nicht ganz gering ist. Natürlich gibt es viele Tagespflegepersonen, die mit einer großen Hingabe und einem großen Engagement ihrer Arbeit nachgehen und die sich in keiner Weise von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kita unterscheiden. Auch hier kann es also zu den typischen „Burn-out-Prozessen“ kommen.
Mir ist es wichtig, in diesem Exkurs dargestellt zu haben, dass es unterschiedliche Passungen von Beruf und Persönlichkeit gibt und dass diese unterschiedlichen Passungen auf den ersten Blick oft alle letztlich mit „Erschöpfung“ einhergehen. Aber nicht jede mentale Erschöpfung ist ein Burn-out. Auch Wear-out oder Bore-out sind möglich. Ausbrennen kann eben nur jemand, der einmal gebrannt hat oder, anders, ergänzend gesagt, dem die Gelegenheit gegeben wurde, zu brennen.